VOR DER TÜR

Galerie Berlin

24. Oktober 2013 – 07. Dezember 2013

Don Quichotte im Kornfeld

Ingeborg Ruthe
Berliner Zeitung 21. November 2013

Der Maler Christoph Bouet aus Sachsen-Anhalt in der Galerie Berlin

Wenn einer nur malt und nichts anderes tut und das mit tiefster Überzeugung, schwimmt er dann gegen den vermeintlichen Strom?“, das fragt Galerist Rüdiger Küttner die coole, innovationssüchtige Zeitgeistgemeinde der spätmodernen Kunst wohl ein wenig provozierend im Katalog zur Ausstellung des Malers Christoph Bouet. Und dann stehen wir vor den farbstrudelnden, farbgebirgigen, farbleuchtenden Landschafts-Motiven des gebürtigen Hallensers, Jahrgang 1974, einst Ronald-Paris-Schüler an der Hallenser Kunsthochschule Burg Giebichenstein. Wir stoßen also förmlich mit der Nase auf die virulente, prozesshafte, rauschartige Kunst&Leben-Stilistik Vincent van Goghs-und sehen: Bouets Zeitbezug ist eben in diesem Kapitel der Malereigeschichte zu finden — das Lebensgefühl, die Weltsicht von damals scheint universal - und so übersetzt er mit diesem Vokabular das in der Gegenwart, in seiner unmittelbaren Umwelt, sozusagen „Vor der Tür", wie nun auch diese Ausstellung heißt, selbst Geschaute.
Bouet baut unübersehbar zeitliche, stilistische Brücken, er macht uns das Altbekannte ganz neu — und dazwischen ist noch viel Platz für eigene Assoziationen, für die Fantasie des Betrachters. Bouet malt mit Seele, unverkrampft, leidenschaftlich, ohne Kalkül. Er lässt auf seinen Leinwänden die Naturgewalten toben, er sieht dabei, in der Landschaft „vor der Haustür“, Erscheinungen, die wir bislang nicht wahrgenommen haben: Ein vom Wind gepeitschtes Kornfeld, mittendrin, einsam, ein Mann: Landmann, Wanderer? Don Quichotte, der gleich gegen eine Armee von Windmühlen, weiße Stämme, rote, wie brennende Flügelschläge, natürlich vergebens zu kämpfen versuchen wird, die im Hintergrund den blauen Himmel versperren? Solche Bilder sind heiter und ernst, sie verbinden Natur und menschengemachten Fortschritt. Sie fragen - nach Sinn und Zweck. Bouet malt Wald und Flur: Börde, Mark Brandenburg, die Ostsee zu allen Jahreszeiten, nie lieblich, immer eher im Zustand der Ekstase, psychedelisch, ruppig, selbst bei Sonnenschein. Diese Bilder sind Metaphem, Gleichnisse fürs Dasein, für Schönheit und Gefahr-und für aus der realen Anschauung und der Fantasie erwachsende Utopien.