NEUE BILDER 2013

Ausstellungssaal der Stadt Wetzlar

14. Mai 2013 - 09. Juni 2013

Vernissage am Dienstag, 14. Mai 2013, 18.00 Uhr

Begrüßung: Oberbürgermeister der Stadt Wetzlar Wolfram Dette

Einführende Worte: Dr. Marta Cencillo Ramírez, Kunsthistorikerin, Köln

Ausstellungssaal des Kulturamtes im Stadthaus am Dom
Domplatz 15, 35578 Wetzlar

Öffnungszeiten des Ausstellungssaales:
Dienstag bis Freitag 9.00 - 13.30 Uhr u. 14.00 - 18.00 Uhr
Samstag 10.00 - 15.00 Uhr
Sonntag 10.00 - 13.00 Uhr
Tel. im Ausstellungssaal: 06441/99-4105

Im Stadthaus am Dom „Neue Arbeiten“ von Christoph Bouet

Stephan Scholz
Gießener Anzeiger 16.05.2013

Machtvolle Farbgebung, wuchtige Gestaltung, eine höchst individuelle Bildsprache. Wer durch die Ausstellung „Neue Arbeiten“ mit Werken von Christoph Bouet im Stadthaus am Dom schlendert, kommt um dieses eine Wort eigentlich nicht herum: betörend. Am Dienstag wurde die Präsentation, die noch bis zum 9. Juni zu sehen ist, im Rahmen einer Vernissage vor rund 80 Gästen eröffnet.

Warum betörend? Das hat zunächst mit der Technik Bouets, der weitere Arbeiten in der Galerie am Dom zeigt, zu tun. Er spachtelt seine Ölfarben direkt aus der Tube auf die Leinwand, und das Ergebnis ist eine wuchtig und mit reichlich Profil daherkommende Motivgestaltung, die nicht nur reichlich Farbgeruch verströmt, sondern durch ihre Plastizität den Betrachter auch zum Berühren der Arbeiten reizen könnte. Es verwundert daher nicht, dass das Schild „Anfassen verboten“ in dieser Präsentation, die im Stadthaus 15 großformatige Bilder zeigt, häufiger als sonst üblich zu lesen ist. Und diese grobe Maltechnik ist das, was Bouet, der seine Sujets zumeist direkt in der entsprechenden Landschaft unter freiem Himmel gestaltet, heraushebt und ihm seine ganz individuelle Formensprache gibt. Zudem leben die Arbeiten von einer grandiosen Farbgebung und einer leicht ins Abstrakte gleitenden Gegenständlichkeit, die auf den Betrachter eine ungeheure Sogwirkung entfaltet.

Von diesem Sog sprach auch Kunsthistorikerin Dr. Marta Cencillo Ramírez, die die Gäste der Vernissage in die Ausstellung einführte. „Die Aufmerksamkeit des Betrachters wird sofort von den reduzierten Motiven, der Intensität und der Präsenz der Bilder gefesselt“, sagte Ramírez, die darauf hinwies, dass Bouets Arbeiten fast immer menschenleer seien. Sie machte ein Changieren zwischen Figur und Abstraktion aus, das beim Rezipienten, der als Mensch dem Diktat der Gestaltwahrnehmung unterliege, einen Prozess auslöse, nach Mustern zu suchen bis einzelne bekannte Strukturen erkannt sind. Insgesamt seien die Arbeiten, deren älteste von 2011 stammt, zudem durch ein Spannungsverhältnis charakterisiert. Denn dem Wunsch, die Werke anzufassen und Details genauer zu erkennen, stehe die Wuchtigkeit der Farbe entgegen, die eher zurückzucken lasse. Die Kunsthistorikerin sprach deshalb von einer Wechselwirkung zwischen Distanz und Nähe in den Bildern Bouets, der bereits im Alter von 14 Jahren die Voreignungsprüfung für die Kunsthochschule bestand, nach seinem Abitur an der Hochschule für Kunst und Design Burg Giebichenstein in Halle Malerei studierte und seit 2000 als freier Künstler arbeitet. Kurzum, eine sehenswerte Präsentation.

Geöffnet ist dienstags bis freitags von 9 bis 13.30 Uhr und von 14 bis 18 Uhr, samstags von 10 bis 15 Uhr und sonntags von 11 bis 13 Uhr. An Pfingstmontag und Fronleichnam ist allerdings geschlossen. Der Eintritt in diese betörende Ausstellung, die die Galerie am Dom und die Stadt Wetzlar in Kooperation zeigen, ist frei.

Ein Fest für die Augen: Christoph Bouet in Wetzlar

Dagmar Klein
Gießener Allgemeine 16.05.2013

Wetzlar – Diese Bilder sind erstaunlich. Ein Fest für die Augen! Expressiver Impressionismus, könnte man sagen. Ölfarbe wird wie zum Relief auf die Leinwand aufgetragen, in mehreren Schichten, die vom Auftrag mit dem Pinsel bis zum Drücken aus der Tube reichen. Zudem malt er direkt vor Ort in der freien Natur. Plein-Air-Malerei pur, wo gibt’s das noch? Und das nicht in skizzenhaftem Aquarell, sondern mit Ölfarbe, die etwas länger zum Trocknen braucht. Kein Wunder also, dass sich Wetzlars Oberbürgermeister Wolfram Dette begeistert zeigte. Und er bezeichnete die Galerie am Dom als langjährige Partner der Stadt in Sachen Kunst. Dankte den Galeristen Jaqueline Wood und Michael Marks, dass sie für die Stadt schon manch bemerkenswertes Künstleroeuvre geholt haben. Auch die Einführungsrednerin Dr. Marta Cencillo Ramírez (Köln) ließ sich von Begeisterung tragen, in lebhafter Weise stellt sie den Künstler vor.

Natur als Impuls und Anleitung

Christoph Bouet wurde 1974 in Halle geboren, wollte bereits in jungen Jahren Maler werden. Sein Studium absolvierte er in Burg Giebichenstein bei Halle, wo Prof. Ronald Paris sein prägender Lehrer war. Seit 2000 ist er freischaffender Maler. Neben etlichen Ausstellungsbeteiligungen hatte er Einzelausstellungen in Berlin, Ahrenshoop und Frankfurt/Main. Die Galerie am Dom vertritt ihn seit einiger Zeit auch auf Kunstmessen

Für Bouet geht es beim Malen auch »um Magie«. Nicht jede Komposition glückt, erzählt er. Es kommt vor, dass er alle Farbe mit dem Spachtel wieder abkratzt. In ihrer emotionalen Intensität und kräftigen Farbigkeit erinnern seine Bilder an van Gogh. Allerdings sind Bouets Gemälde in ihrer Binnenstruktur wesentlich aufgerissener. Selbst der geübte Blick erkennt die Motive nur aus einer gewissen Distanz. Abstrakt malen? Das wäre ihm zu viel Analyse, »da würde ich aufhören zu malen«. Für ihn ist die Natur Impuls und Anleitung zum Malen.

Zu erleben bis 9. Juni.

Christoph Bouet (Magdeburg)

Red1, frizz.kunst

Die neue Schau im Stadthaus am Dom, Ausstellungsraum des Kulturamts der Stadt Wetzlar, ist ein Fest der Farben. Farbe gemeint in ihrer visuellen und ihrer materiellen Bedeutung. Christoph Bouet bevorzugt die Unmittelbarkeit der Plein-Air-Malerei, genießt dabei die Lebendigkeit der Natur und den freien Blick auf die Dinge. Ohne Vorzeichnung bringt er die Farbe direkt aus der Tube auf die Leinwand. Sie wirkt dadurch reliefhaft, dringt in die dritte Dimension vor. Die Spuren des Auftrags bleiben sichtbar stehen, sie erzählen den Betrachtern später vom Malprozess, auch von der Lust am Malen. Für Bouet bleibt die Natur Vorbild, ohne das Gesehene direkt abzubilden. Seine Bilder erinnern auch mal van Gogh, wenn es sich um Sonnenblumen oder blühende Zweige vor einem Feld handelt, doch sind Bouets Naturansichten wesentlich aufgerissener in ihrer inneren und äußeren Struktur. Auch der geübte Blick erkennt die Motive nur aus einer gewissen Distanz. Galerist Michael Marks bescheinigt ihm eine gewisse Nähe zu den Fauves, den Wilden des Impressionismus. „André Derain und Maurice de Vlaminck wären begeistert, könnten sie sehen, was ihr Ururenkel daherzaubert, mit welcher Kühnheit er sich über die Konvention der Palette hinwegsetzt, um etwas ganz Neues, Einmaliges, Großes zu schaffen.“ Der 1974 in Halle geborenen Bouet wollte bereits in jungen Jahren Maler werden. Er studierte zunächst in Burg Giebichenstein bei Halle, sein prägender Lehrer war Prof. Ronald Paris. Seit 2000 ist er freischaffender Maler. Neben zahlreichen Ausstellungsbeteiligungen hatte er bislang Einzelausstellungen in Berlin, Ahrenshoop und Frankfurt/Main. Ein Gemälde hat es in die Kunstsammlung des Deutschen Bundestags geschafft. Die Galerie am Dom vertritt ihn seit einiger Zeit auch auf Kunstmessen.

Malen als Herzensangelegenheit

Michael Marius Marks
Galerie am Dom, Wetzlar

„Christoph Bouet ist ein Plein-Air-Maler - und ein obsessiver dazu. Das heißt, er genießt nicht allein die Authentizität des Motivs, sondern auch das beste Licht, das ein Maler haben kann, nämlich das unmittelbare. Er ist im Hier und Jetzt, im Draußen, das auch gleichzeitig das Mittendrin ist, in nächster Nähe zum Sujet, zur Freiheit der Luft, die in die Nase strömt, die Schleimhäute umschmeichelt und das Atmen leicht und frei macht. Dazu die Lebendigkeit der Natur, nichts, was den Blick verstellen würde, nichts, was verfälscht.
All das, was der Künstler sieht und mit anderen Sinnen wahrnimmt, bringt er auf dem Boden kauernd umweglos auf die Leinwand. Dabei nimmt der Bildträger gierig und erwartend Berge an Farbquill auf. So auch die Farbtube in seiner Hand, in der Metallummantelung unruhig und wachsweich darauf harrend, ans Tageslicht zu treten und Teil des Bouet‘schen Werkes zu werden - ausgequetscht, eruptiv und zugleich auf die richtige Platzierung gelenkt, dort rechts oben auf der Leinwand, wo der Platz schon immer bestimmt war. Selbst das geübte Auge sieht - ist der Blick zu nah an der Leinwand - obszöne Farbhalden. Erst wenn mehr und mehr Distanz sein darf, gelingt die Verortung, das Einsortieren von Gegenständen, das uns Betrachtern oft so wichtig scheint, weil es sicher macht, obwohl doch gerade die Abstraktion der ineinandergekrallten Farbe bei Bouet ein sinnliches Freudenfest ist.
Die von Klugheit und Tun getragene Malerei mag von der Eindrücklichkeit des Impressionismus geprägt sein, der die Grundlage der Malerei in der Mittelung zwischen Motiv und Imagination des Künstlers vibrierend darlegt. Das letztendliche Werk ist jedoch klar vom Expressionismus, somit von der Gestik gekennzeichnet, wenn man denn kunsthistorisches Schubladendenken wünscht. Um ins Detail zu gehen, ergeben Farbzellengentests malerische Verwandtschaft zu den „Fauves“. André Derain und Maurice de Vlaminck wären begeistert, könnten sie sehen, was ihr Ururenkel da-herzaubert, mit welcher Kühnheit er sich über die Konvention der Palette hinwegsetzt, um etwas ganz Neues, Einmaliges, Großes zu schaffen.
Dies sah übrigens auch die Kommission der Kunstsammlung des Deutschen Bundestages so, die eine Arbeit Bouets für ihre herausragende Kollektion erwarb. Chapeau, Christoph! Nicht weil andere der Wertigkeit Deines Ouevres auf die Spur kommen, sondern weil Du dieser Farbmagie mächtig bist!
Doch es war kein unsteiniger Weg, den der Künstler dabei zurücklegte, aber immer einer, der geradewegs auf diesen Beruf zuführte, und so war dem 1974 in Halle geborenen Bouet bereits in jungen Jahren bewusst, dass es für ihn keine Alternative zum Malerdasein gab. Fast ebenso früh wäre ihm der Weg an die Akademie frei gewesen, doch er wollte erst die Schule beenden, um dann später mit Altersgenossen in Burg Giebichenstein bei Ronald Paris zu studieren. Nicht paradigmatisch, vielmehr strebsam, überlegt und sensitiv und nie in einer kreativen Hängematte abwartend, führte ihn eine Farbspur zu jener Leinwand, vor der wir heute staunend ein Roulette an Eindrücken erfahren, in der jede Farbkugel ihren perfekten Platz gefunden hat. In ihrer strahlenden Unvermischtheit gibt es Eklektizismen nur dort, wo Zwischentöne keine Chance haben und Schlieren Hand in Hand gehen, ohne je ihre Existenz aufzugeben, wo er Stoffliches kumuliert, um seine Vorstellung von Natur festzuhalten. Der Bildraum ist aufgetürmt, geschichtet und geformt wie in der Arbeit eines Bildhauers und bekommt neben der Perspektive eine weitere Dimension, ohne je den Anschein des Horror Vacui zu erwecken.
Mit Forschergeist und tugendsamem Fleiß schafft Bouet ein obsessives, verkratertes Naturschauspiel, in dessen wildwüchsiger Kraft dem Menschen als Figur oder Architekturzitaten nur nebenschauplätzliche Bedeutung beigemessen wird. Diese Aufbrüche, diese schöpferischen Urgewalten, die von den Bouet‘schen Bildern ausgehen, zupfen dennoch wie an Harfensaiten an unser Gespür, unser Gefallen, unsere Sensibilität und wecken nicht zuletzt den Wunsch, wachen Auges selbst beim Betrachten Teil dieses Mikrokosmos werden zu dürfen.