FEUERWERKE DER MALEREI

Englische Kirche, Bad Homburg

30.08.2012 – 30.09.2012
"Streuobstwiese im Regen" Ankauf der Kunstsammlung der Stadt Bad Homburg

Farbe satt

Frankfurter Rundschau
30.08.2012
Martina Propson-Hauck

In der Englischen Kirche in Bad Homburg ist die Malerei von Bouet und Fußmann zu sehen. Vier großformatige Bilder zeigen die Schlossparkblüte in Tubenfülle.

Es waren die Fürsten und großen Mäzene, die Künstlern einst Aufträge erteilten. Dank eines prosperierenden Kunstmarktes ist das heute ein wenig aus der Mode gekommen. Dass Reimund O. Boderke nun trotzdem Auftragskunst bestellte, mag seiner herausragenden Stellung als Galerist und seiner Position der Stadt geschuldet sein.
Auftragsmalerei zum Jubiläum
Jedenfalls ließ er sich zum Jubiläum „100 Jahre Bad“ etwas ganz Besonderes einfallen: Er hat den aus Halle stammenden Künstler Christoph Bouet nicht nur gefragt, ob er eine Ausstellung seiner Arbeiten nach Bad Homburg holen könne, sonder auch , ob dieser gewillt sei, dafür einige Bad Homburger Motive beizusteuern. Bouet sagte zu und verbrachte die ersten drei August-Tage in der Kurstadt. In einer Art Schaffensrausch bannte er die diesjährige Blütenpracht des Schlossgartens in vier großformatige Ölbilder, die neben 22 weiteren Arbeiten Bouets von heute Abend an in der Englischen Kirche zu sehen sind. „Wie in Südfrankreich“, habe sich der Künstler dort gefühlt. Die Leuchtkraft und Farbenpracht der Bad Homburger Bilder lässt das erahnen.
Bezeichnend für die Arbeiten Bouets ist der immens dicke Farbauftrag. Wenn man dicht vor den Bildern steht, möchte man all diese strahlenden Berge und Täler berühren. Wie abstrakte Reliefs wirken die Motive aus der Nähe. Erst wenn man sich von ihnen viele Schritte entfernt, erscheinen dem Auge die Naturmotive. Man wandelt zwischen Expressionismus und Impressionismus, zwischen Abstraktion und farbintensiver Naturdarstellung – je nach Distanz zu den Bildern.
Mindestens 20 Riesentuben Ölfarbe verbrauche der Künstler pro Bild, schätzt Boderke. Eigentlich sollte Bouet das Kaiser-Wilhelms-Bad oder sonstige Motive aus dem Kurpark auf die Leinwand bannen. Doch eigenwillig und autark, wie Künstler oft sind, hat er sich seine Motive lieber im Schlosspark gesucht. Ob die Stadt eine der Auftragsarbeiten zum Jubiläum erwerben wird, dazu wollte Stadtrat Dieter Kraft (Grüne), der die in Urlaub weilende Kulturdezernentin Beate Fleige derzeit vertritt, gestern bei der Vorbesichtigung der Ausstellung nichts sagen. Der Preisliste zur Ausstellung jedenfalls ist zu entnehmen, dass ein Bad Homburger Bouet für 5700 bis 6300 Euro zu haben wäre. Da der Kämmerer einen Tag zuvor erst verkündet hatte, es sei erklärte Finanzstrategie, auf Anlagewerte und nicht auf Barvermögen für die Stadtkasse zu setzen, böte sich ein solcher Kauf vielleicht an.
Zumal der Galerist durchblicken ließ, dass der aufstrebende junge Künstler (Jahrgang 1974) unter Berliner Sammlern bereits sehr gefragt sei. Christoph Bouet jedenfalls wird bei der Vernissage heute Abend dabei sein.
Im zweiten Ausstellungsraum der Englischen Kirche werden 19 kleinformatigere Arbeiten von Klaus Fußmann gezeigt. Fußmann ist Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und dadurch bekannt, dass er für Altkanzler Helmut Kohl einst die 16 Bundesländer gemalt und daraus anschließend ein Buch gemacht hat.
Im Zusammenhang mit der Ausstellung veranstaltet die Kita Ober-Eschbach unter Leitung von Ursula Mekelburg eine Kinder-Documenta. In der Ausstellung holen sich die Kinder Anregungen für eigene Arbeiten. Die Bilder der Drei- bis Sechsjährigen werden ab 24, September in der Galerie der Taunus-Sparkasse ausgestellt und von Erwachsenen bewertet. Die besten kleinen Künstler sollen dabei prämiert werden.

Kunst, die Symphonien gleicht

Frankfurter Neue Presse
13.09.2012
Martina Dreisbach

Die Bilder Christoph Bouets sind teils in Bad Homburg entstanden – und verbreiten Klang

Mit einem klingenden Feuerwerk von Farben unterhält der junge Maler Christoph Bouet. Klaus Fußmann flüstert in seinen Bildern. Zwei gegensätzliche deutsche Maler begegnen einander in der Englischen Kirche.
Der Blick schwenkt wie magisch angezogen nach rechts, in den Hauptraum der Englischen Kirche, und bleibt hängen, wo die Farbe schwelgt, ja explodiert. "Feuerwerke der Malerei" haben Reimund und Marlies Boderke von der Galerie Zehntscheune die neue Ausstellung genannt und beziehen sich damit eindeutig auf Christoph Bouet und seine Ölgemälde.
Das Bild des Feuerwerks genügt indes für diesen ostdeutschen Maler, Jahrgang 1974, nicht. Die 26 Ölbilder gleichen expressiven Symphonien wie denen von Gustav Mahler; sie verbreiten Klang und Rhythmus. Dass Farben das können, beweisen laut Boderke Wissenschaftler. Sie haben ihren eigenen Klang, etwa Gelb für das Fagott oder Blau fürs Cello.
Bouets Farbauftrag ist so üppig, dass sich gleich eine weitere Allusion ans Meer und sein Wellenbild, die Dünung, aufdrängt. Zwei Jahre brauchen sie, um zu trocknen. Vier von ihnen sind noch nass, die Anfang August in Bad Homburg, plein air, im Schlossgarten gemalten.
Ein Video zeigt den in Halle an der Saale geborenen Maler, der an der renommierten Kunstschule Burg Giebichenstein studierte, bei der Arbeit. Seine Staffelei in Kniehöhe erlaubt ihm den freien Blick aufs Sujet, daneben etliche Farbtuben, die er bald aufgebraucht haben wird. Er malt den Weg unter der Zeder dem Schloss zu oder den Blick vom Schloss rüber zur Orangerie. Klein sind Gebäude, groß die Landschaft, dominierend der Blütenzauber. Seine Schatten sind lila, braun die Segel der Schiffchen in einem Hafen, orangerot die Kreidefelsen an der Ostsee.
Tulpen im Gespräch
Klaus Fußmanns Aquarelle, Pastelle und Farblithos im Anbau nehmen sich dagegen auf den ersten Blick unscheinbar aus. Auch er malt Blumen und Landschaften. Größer könnte der Kontrast zweier Maler mit ähnlichen Motiven kaum sein. Wie klug sein flächiger Farbauftrag. Wie eine ins Gespräch vertiefte Gruppe stehen etwa die Tulpen mit einander zugeneigten Köpfen beisammen. Fast geheimnisvoll fließt die Schlei hinter einem riesigen gelben Rapsfeld dahin. Das Weiß der Margeriten will sich beim Anblick fast auflösen. Es ist also doch eine gute Farbe.